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Familienkasse zahlt Klimageld aus

Arbeiten Familienkasse und BZSt zusammen, wird Mitte 2023 das Klimageld ausgezahlt.

Direkter Auszahlungsweg an alle Bürger:innen: Es wird dringend ein direkter Auszahlungsweg an alle Bürger:innen benötigt, um in Zeiten hoher Energiepreise sowohl gezielt Entlastungen zu schaffen, als auch mit einem Klimageld CO2-Preise sozial auszugleichen. [1]

Familienkasse übernimmt Datenerfassung und Massengeschäft: Die Familienkasse BA stellt ihre ver­waltungs­technischen Verfahren für das Massengeschäft zur Verfügung. Dies beinhaltet sowohl die Dateneingabe über Webportale, Callcenter und den Vor-Ort-Service in allen BA-Dienststellen (rund 600 Lokationen), als auch die Datenausgabe über das vorhandene SAP-Auszahlungsverfahren und für den Schriftverkehr, die Druckstraße der BA. Die Familienkasse ist schon heute in der Lage mehrere Millionen Über­weisungen pro Tag auszuführen.

So sieht die Lösung aus, um allen Bürger:innen schnellstmöglich Direktzahlungen auf ein Konto oder bar auszuzahlen (Details):

Systemübersicht: Die Familienkasse BA übernimmt mit ihren etablierten Systemen die Datenerfassung und das Massengeschäft. Die Steuer-ID Datenbank (IdNr-DB) des BZSt dient als Klimageldregister

BZSt macht zentrale Datenhaltung Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übernimmt die zentrale Datenhaltung aller für die Auszahlung des Klimageldes relevanten Informationen. Hierfür ist die vorhandene Steuer-ID Datenbank (IdNr-DB) um den Auszahlungsmodus (bar/unbar) und die Konto­daten (IBAN/BIC) zu erweitern. Alle benötigten Schnittstellen zu externen Systemen werden eingebaut (Familienkasse, Rentenkasse etc.). Das BZSt löst die regelmäßigen Klimageldzahlungen aus und überträgt den Auszahlungsauftrag samt benötigter Daten an die Programmier­schnittstelle der Familienkasse BA. Der finale Auszahlungsstatus wird dem BZSt zurückgemeldet.

Familienkasse und BZSt arbeiten zusammen In dieser Zusammenarbeit zwischen BZSt und Familienkasse BA können schnell und kostengünstig alle unabdingbaren Anwendungsfälle der Klimageldzahlungen abgedeckt werden. U. a. Barauszahlungen, Auslandskonten, Zuordnung des Klimageldes der Kinder an ein Elternteil, Vermeidung von Klimageld-Missbrauch, Archivierung aller Finanztransaktionen. Die Familienkasse BA übernimmt den verwaltungstechnischen Vorgang inklusive Auszahlung, Schrift­verkehr und Speicherung aller Klimageld-Transaktionen in der elektronischen Akte. Weitere verwaltungstechnische Aufgaben, wie die Erfassung von fehlenden Kontodaten, Änderungsmanagement, Organisation von Barauszahlungen und Beratungen vor Ort oder über Callcenter, übernehmen vorhandene Systeme in der Organisation der Familienkasse BA. Diese müssen ggf. erweitert oder performanter ausgelegt werden. Hierfür benötigt die BA bzw. die Familienkasse BA einen Auftrag, um eine detaillierte Aufwands- und Kostenschätzung abzugeben.

Entscheidung der Bundesregierung ist erforderlich Für die Umsetzung muss jetzt eine Entscheidung der Bundesregierung gefällt werden. Es bedarf eines Gesetzes sowie einer Verwaltungsvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit.

Hier die Aufgabenteilung zwischen Familienkasse BA und BZSt im Detail:

Systemübersicht: Aufgabenteilung zwischen Familienkasse BA und BZSt im Detail

Der Prozess stellt das Einsammeln der Zahlungsinformationen aller 83 Millionen Bürger:innen und die Direktzahlung dar:

Prozess: Sammeln aller Zahlungsinformationen und Auszahlungsweg (bar/unbar) über die Familienkasse BA

Sonderbeauftragten für Direktzahlungskanal Um den Bürger:innen zu zeigen, wie wichtig dieser soziale Kompensationsmechanismus ist, schlägt #Brigitte Knopf vom MCC vor, hierfür einen Sonderbeauftragten zu benennen, der die Zusammenarbeit der Ministerien und Ämter koordiniert. [3]
(Details: Kapitel 3.4 2022_MCC_Gaspreise_und_Entlastungsmaßnahmen [2])


Aber: BMF verzögert die Einführung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) verfolgt eine langwierige Lösung ohne Synergien mit der Familienkasse BA zu nutzen:

Quellen: BMF: Bundesfinanzminister Christian Lindner im Interview mit der Welt am Sonntag
Bundesregierung: Pressekonferenz Kabinettsklausur 31. August 2022

Christian Linder und die Expert:innen des BMF liefern selbst das stärkste Argument, die Synergien der Familienkasse BA zu nutzen. Aktuell können die IT-Systeme des BZSt nur 100.000 Überweisungen pro Tag tätigen. Die Familienkasse BA dagegen führt über ihr SAP-Auszahlungsverfahren mehr als 17 Millionen Überweisungen pro Monat aus – an nur 10 Tagen im Monat. Also 1,7 Millionen am Tag. Dies ist nur eine organisatorische Aufteilung, denn technisch könnten alle Kindergeld-Über­weisungen an einem Tag erfolgen. Mit geringfügigen technischen Verbesserungen könnte das vorhandene SAP-System auch die 65 Millionen Überweisungen pro Tag schaffen, die für zeitgleiche Direktzahlungen an alle Bürger:innen nötig wären.

Sichtbare Direktzahlungen: Transparent und zeitgleich sollten alle Bürger:innen das Klimageld und andere Direktzahlungen erhalten

Analyse zum Referentenentwurf des BMF zum Jahressteuergesetz 2022

Positiv
Erweiterung der IdNr-Datenbank des BZSt Für die Speicherung der Konto­verbindungen aller in Deutschland gemeldeten Personen in der IdNr-Datenbank des BZSt wird die Rechtsgrundlage geschaffen.

Negativ
Zeit- und Finanzierungsplanung der Umsetzung im BZSt geht bis in das Jahr 2024 Allein für die Erweiterung der IdNr-Datenbank um Kontoinformationen werden 2,5 Jahre und Kosten in Höhe von 26 Mio. € veranschlagt. Erst danach könnte mit der Erfassung aller Empfänger:innen begonnen werden. Die Auszahlung kann erst danach erfolgen (also: 2024/2025). Mögliche Synergien mit der Familienkasse werden nicht betrachtet. Vielleicht plant das BMF ein eigenes Massengeschäft völlig neu zu entwickeln. Das würde die hohen Kosten erklären.
Inländische und ggf. ausländische Bankinstitute sollen Datenerfassung von Klimageldberechtigten übernehmen In Deutschland gibt es ca. 1.700 inländische Banken und Sparkassen. Umsetzungsdauer und Kosten sind völlig unklar. Um Missbrauch über gestohlene Steuer-IDs zu verhindern, wäre eine Datenerfassung über die Banken nicht nötig. Die Validierung neuer Daten könnte jederzeit automatisiert erfolgen.
Ein konkreter Weg für die technische Auszahlung des Klimageldes wird nicht definiert Falls man einen Weg über die Finanzkassen der Länder erwägt, sind dies ca. 600 Finanzkassen. Abstimmung mit Länderregierungen wären zusätzlich erforderlich.
Barzahlungen des Klimageldes sind nicht vorgesehen Barzahlungen für Bürger:innen ohne eigenes Konto könnten Banken nicht organisieren.
Vor-Ort-Service, Callcenter, Änderungsmanagement ist völlig unklar      

Zeit- und Finanzierungsplanung für die Umsetzung aus Sicht des BMF:

Im Referentenentwurf sind Kosten für die Umsetzung in den Jahren 2022 bis 2024 zu sehen.
Siehe Seite -62- Bundesfinanzministerium:2022-09-14-JStG-2022/2-Referentenentwurf [5]

Die vom BMF angestrebte Lösung würde wie folgt aussehen. Banken übernehmen die Datenerfassung und z. B. Finanzkassen der Länder die Auszahlung:

In dieser Systemübersicht werden ungelöste Anforderungen und unnötig aufwendige Elemente dargestellt

Im Vergleich der Konzepte mit und ohne Synergien der Familienkasse BA ergeben sich große Unterschiede für den Zeitplan der Einführung:

Zeitstrahl: Vergleich Umsetzung BMF Lösung vs. Nutzung Synergien der Familienkasse BA

Klimabonus in Österreich Der österreichische Nationalrat hat im Januar 2022 die ökosoziale Steuerreform samt Klimabonus beschlossen. Keine acht Monate später haben im September 2022 die Auszahlungen des Klimabonus begonnen. Das BMF veranschlagt für die Umsetzung in Deutschland mindestens 18 Monate und große Teile der Lösung sind noch nicht mal konkretisiert. Aus der Sicht von IT-Experten:innen lassen sich diese Kosten- und Zeitaufwände nur schwer nachvollziehen. Alles spricht dafür besser die langjährig etablierte Infrastruktur der Familienkasse BA für eine schnelle und kostengünstige Umsetzung zu nutzen.[3][4] Es zeichnet sich bereits ab, dass aktuelle Zahlungswege für die Energiepreispauschale Doppelauszahlungen nicht vermeiden können. Sie noch nicht mal bemerken werden. Der Ruf nach einem zuverlässigen und robusten Direktauszahlungsverfahren wird immer lauter werden und muss zeitnah, spätestens 2023 eingeführt werden. Worauf warten wir?


Expertenmeinungen zur Familienkasse als Direktauszahlungskanal


Familienkasse der BA: Ausgezeichnet für Qualität mit 3 Sternen nach EFQM [6]


Zusammenfassung als PDF:


Quellen:

[1] Maximilian Kellner, Christina Roolfs, Karolina Rütten, Tobias Bergmann, Julian Hirsch, Luke Haywood, Boris Konopka, Matthias Kalkuhl (2022): „Entlastung der Haushalte von der CO2-Bepreisung: Klimageld vs. Absenkung der EEG-Umlage.“ Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.
https://ariadneprojekt.de/news/wie-ein-klimageld-einfach-und-spuerbar-bei-den-menschen-ankommen-kann/

[2] Matthias Kalkuhl, Maximilian Amberg, Tobias Bergmann, Brigitte Knopf, Ottmar Edenhofer (2022): „Gaspreisdeckel, Mehrwertsteuersenkung, Energiepauschale – Wie kann die Bevölkerung zielgenau und schnell entlastet werden?“ MCC-Arbeitspapier
https://ariadneprojekt.de/news/wie-ein-klimageld-einfach-und-spuerbar-bei-den-menschen-ankommen-kann/

[3] Brigitte Knopf (2022, 1. Sept), #Klimageld -die unendliche Geschichte. Gestern hat #Lindner behauptet, dass die öff. Verwaltung nur 100.000 Überweisungen am Tag vornehmen könne…[Tweet]
https://twitter.com/BrigitteKnopf/status/1565192556031401990?s=20&t=WC9CEnvphTMfANURNlwiUg

[4] Luke Haywood (2022, 31. August), Warten auf das Klimageld: Geschichte einer Verzögerung mit sozialpolitischen, klimapolitischen und parteipolitischen Konsequenzen...[Tweet]
https://twitter.com/lukehwd/status/1565012629864726531?s=20&t=JoiLjWe3e38jP-HCnVTVqg

[5] Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2022-09-14-JStG-2022/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[6] Familienkasse der BA: Ausgezeichnet für Qualität mit 3 Sternen nach EFQM 2022
https://www.arbeitsagentur.de/datei/efqm-auszeichnung-der-familienkasse-der-ba-_ba147464.pdf

Kontakt: boris.konopka@klimablog.org

Twitter: https://twitter.com/Boriskonopka

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Klimageld in Deutschland

Schnelle, kostengünstige und transparente Auszahlung über die Familienkasse (BA)

Schnell und nachhaltig Die aktuelle energiepolitische Lage erfordert schnelle sozialpolitische Maßnahmen. Darauf sollte die Politik mit einer zeitnahen Ein­führung des Klimageldes reagieren, das gleichzeitig langfristig hohe CO2-Preise sozial abfedert. Ähnlich dem Kindergeld sollen Regel­zahlungen und ggf. Einmalzahlungen schnell angepasst und ausgezahlt werden können.

Kostengünstig und effizient 
Eine kostengünstige und effiziente Lösung sollte unnötige Komplexität vermeiden und möglichst viele Synergien nutzen. Vorhandene IT- und Verwaltungsinfrastrukturen sollten konsequent genutzt werden.

Transparent und zeitgleich
Damit das Klimageld dauerhaft gesell­schaftlich akzeptiert und als Ausgleich für hohe fossile Energiepreise (u.a. CO2-Preis) wahr­genommen wird, muss es leicht nach­voll­ziehbar und völlig transparent sein.
Es muss sichtbar sein: alle bekommen zeit­gleich eine explizite Klimageld-Überweisung.


Hier der konkrete Vorschlag basierend auf der Steuer-ID als Prozessdarstellung:

Prozess: Auszahlung des Klimageldes über die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit

Die Integration der „Klimageldkasse“ in das Familienkassen IT System sieht dann wie folgt aus:

Systemübersicht: Das Klimageld-Register (KG DB) ist in das Familienkassen IT-System KIWI integriert und nutzt vorhandene BA-interne Komponenten und bietet externe Schnittstellen an

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA)

In der Familienkasse der BA sind alle wesentlichen Infrastrukturkomponenten schon vorhanden. Von der Auszahlung bis zum Jobcenter mit dem Personal hinter der Theke.

Wir wählen die Institution aus, in dem die größte Komplexität, der Umgang mit den Kindern, schon abgearbeitet ist.

Es braucht keine neue Behörde, keine neue IT-Infrastruktur, keine komplett neue Software­lösung, wenig bis keine zusätzlichen Mitarbeiter:innen.

„Keep it simple!“ – dann ist eine schnelle Umsetzung möglich – für ein transparentes Klimageld.

Hier die Details:

Quellen:

[1] Tagesspiegel Background, Florence Schulz „Die Krux der CO2-Rückverteilung“
https://background.tagesspiegel.de/energie-klima/die-krux-der-co2-rueckverteilung

[2] ifo Schnelldienst 06/2021 „Wie fair ist die Energiewende? Verteilungswirkungen in der deutschen Energie- und Klimapolitik“
https://www.ifo.de/DocDL/sd-2021-06-energiewende-verteilungswirkungen.pdf

[3] Bundesagentur für Arbeit „Kindergeld und Kinderzuschlag – Deutschland und Länder (Jahreszahlen der Familienkasse der BA) – Jahreszahlen 2020“
https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/202012/famka/famka-jz/famka-jz-d-0-202012-pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[4] Bundesagentur für Arbeit „Das IT-Systemhaus in Zahlen“
https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/it-systemhaus/zahlen-daten-fakten

[5] Bundesagentur für Arbeit „Code Kindergeld in der BA!“
https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/it-systemhaus/download/1533740149625.pdf

[6] KINDERGELD.ORG „Übersicht aller Familienkassen“
https://www.kindergeld.org/familienkassen/#%C3%BCbersicht-aller-familienkassen

[7] BundesratKOMPAKT „Gesetzesbeschlüsse des Bundestages – Bürger-ID“
https://www.bundesrat.de/pk-top.html?id=21-1001-01

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Robert, nenn es Klimabonus!

Es hilft ja nichts. Quer mit dem Rad durch die Stadt – mich in eine Wahlkampfveranstaltung der Grünen zur Europawahl gedrängt und danach brav hinten angestellt, um Robert Habeck die eine Frage zu stellen:

Warum nennt ihr es nicht Klimabonus?

Klimabonus – es gibt die Idee schon recht lange. CO2 bekommt einen Preis, idealer Weise mit Hilfe einer CO2-Steuer und diese Einnahmen werden pro Kopf allen Bundesbürgern zurückgegeben. Betroffen sind alle fossilen Energieträger: Strom aus Kohle und Gas, Heizen mit Gas und Öl, Mobilität basierend auf fossilen Verbrennungsmotoren. Spannend wird das ganze, wenn man ausrechnet, wer hierbei die Gewinner und wer die Verlierer sind. Gewinnen werden nämlich Familien mit kleinen Einkommen. Nicht nur weil sie durch die pro Kopf Auszahlung ein Vielfaches des Klimabonus erhalten, sondern auch weil sie einen relativ niedrigen CO2 Fußabdruck haben. Sie können sich keine luxuriöse, große Wohnung leisten, keinen SUV mit viel PS fahren, keine teuren Kreuzfahrten oder viele Fernreisen machen. Bei alleinstehenden Großverdienern sieht die Sache da schon anders aus.

Genau ausgerechnet hat es das Mercator Institute for Global Commons and Climate Change (MCC). Leiter des MCC ist Ottmar Edenhofer, der Direktor des Potsdam Institut für Klimafolgeforschung (PIK). Ein paar Beispiele auf ein Jahr gerechnet:

Das recht überraschende Ergebnis ist, dass sozial schwache Familien je mehr profitieren würden, je höher der Preis für eine Tonne CO2 wäre. Klingt verrückt, aber ist mathematisch korrekt. Kurz gesagt, ist der Klimabonus ein Bonus für sozial Schwache und für die, die sich besonders umweltfreundlich verhalten. Und gleichzeitig eine Reichensteuer. Er ist also eben nicht unsozial.

Das sieht leider in der Öffentlichkeit und in den Medien genau anders herum aus. Die Grünen, als Verfechter dieser Idee, werden selbst von der SPD als unsozial ob ihrer hohen CO2 – Preisforderung gescholten.

Das läuft einfach schlecht. Die, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, lesen die Überschrift „Grüne wollen hohen CO2 Preis“ und wenden sich sofort ab und fürchten mal wieder vom Staat abgezockt zu werden. Nach dem Motto, alle Annehmlichkeiten des Lebens können sich dann nur noch die Reichen leisten.

In die gleiche Kerbe stoßen natürlich auch Parteien wie die FDP, die eigentlich nicht im Verdacht steht, sich für sozial Schwache einzusetzen und befeuern das unsoziale Mantra dieser Idee…

Meine eindringliche Bitte an die Grünen: Nennt es Klimabonus. So tickt nun mal der Mensch. Hört er das Wort Bonus ist er ganz Ohr. Bei dem Wort Steuer legt er die Ohren an und wählt eine andere Partei.

Und wenn das alles noch nicht schlimm genug wäre, setzt die GroKo der ganzen Sache noch die Krone auf. Denn ihr Klimapaket hat nicht nur einen geringen CO2 Preis ohne echte Lenkungswirkung, sondern auch keine pro Kopf Rückzahlung. Und erfüllt damit viel eher den Tatbestand unsozial zu sein. Merkt aber keiner und sagt auch keiner.

Und ja, es gibt bestimmt denjenigen, der wenig verdient, auf dem Land wohnt und sich nur eine schlecht gedämmte Wohnung leisten kann. Auch dafür gibt es Lösungen. Zum Beispiel schlägt das PIK eine Härtefallregelung vor. (Siehe Kapitel 8 in [2]) Zudem fällt mir dazu ein, dass die immer größere Schere zwischen Arm und Reich bestimmt nicht durch eine übertriebene Klimapolitik der letzten 30 Jahre verursacht wurde. Einer besseren Sozialpolitik bedarf es völlig unabhängig einer guten Klimapolitik.

Ach so. Was hat eigentlich Robert Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen, auf meine Frage geantwortet? Nun, man sei ja inzwischen von der Bezeichnung CO2-Steuer zu CO2-Preis übergegangen. Über meinen Vorschlag möchte er aber noch mal nachdenken. Ich fürchte die beschriebene öffentliche Reaktion und die letzten Wählerumfragen zeigen, dass auch das Wort CO2-Preis ein falsches Signal setzt. Das Konzept „Klimabonus“ ist eben sozial- und umweltgerecht und mit dem richtigen Schlagwort wird es sich den Wählern besser vermitteln lassen.


Quellen:

[1] Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Artikel „CO2-Bepreisung zum Klimaschutz ist sozial gerecht machbar“ – 13.05.2019
https://www.pik-potsdam.de/aktuelles/nachrichten/co2-bepreisung-zum-klimaschutz-ist-sozial-gerecht-machbar

[2] MCC-PIK-Expertise für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung „Optionen für eine CO2-Preisreform“ – 13.07.2019
https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/B2.3_Publications/Working%20Paper/2019_MCC_Optionen_f%C3%BCr_eine_CO2-Preisreform_final.pdf


WebLinks zum Thema:

TU Berlin – Climate Lecture 2019 „Zwischen Klimademos und Klimakabinett – wie die CO2-Bepreisung gelingen kann“ Vortrag Ottmar Edenhofer und Podiumsdiskussion u.a. mit Luisa Neubauer und Jakob v. Weizsäcker– 19.09.2019
https://youtu.be/Cp6uqmxmRHI

Die Basics zum menschengemachten Klimawandel

Der rasante Klimawandel seit Beginn der Industrialisierung ist menschengemacht. Wer das immer noch nicht verstanden und akzeptiert hat, dem ist nicht mehr zu helfen…

Tja, so einfach ist es leider nicht. Auch wenn die Sachlage klar ist, muss man dabei etwas aufpassen. Denn die digitale Gesellschaft hat leider auch ihre Schattenseiten. Soziale Medien ersetzten mehr und mehr den traditionellen Journalismus, der eine halbwegs ausgewogene Vielfalt und den Anspruch auf Nachprüfbarkeit bietet. Zudem findet man in Facebook und Co so genannte Filterblasen: „Bist Du nicht meiner Meinung, dann fliegst Du raus – teilst Du meine Ansichten, dann bleibst Du mein Freund.“ Plötzlich werden die absurdesten Verschwörungstheorien neue Wahrheiten, unwidersprochen in der eignen Filterblase. Man muss sich nur mal den Spaß machen, in YouTube nach „Flat Earthern“ zu schauen. Da erlebt man sein blaues „flaches“ Wunder.

Aber es gibt sie auch – die gute Seite des Internets. Es gibt eine Menge sehr gut aufbereitete Informationen. Man muss sich nur die Mühe machen, danach zu suchen. Und mit ein wenig abgeklärter Vernunft und der Frage, was denn wirklich plausibel ist, Augen und Ohren aufmachen. Wichtig erscheint mir dabei, die jeweils passende Abstraktionsebene zu finden. Sicher gibt es eine Menge detaillierter akademisch hochwertiger Untersuchungen und Studien zum Klimawandel. Aber nicht jeder hat die Zeit und Muße, sich damit intensiv zu beschäftigen. Dies muss auch nicht sein. Die große Kunst ist es, in der heutigen schnellen Medienwelt, relativ kurz und knapp die Informationen schlüssig, umfassend und allgemein verständlich zu präsentieren.

Zwei wunderbare Beispiele, die mir kürzlich aufgefallen sind, sind zwei Videobeiträge von Karsten Schwanke, dem bekannten TV-Meteorologen aus der ARD. Ich würde mir wirklich wünschen, dass jeder sich diese beiden 6 und 7 Minuten langen Filme anschaut. Damit hat man die Basics für jede Diskussion mit einem Klimaskeptiker parat.

1. Beitrag:

Warum ist sich die Wissenschaft so sicher, dass der Klimawandel menschengemacht ist?

Es gibt doch so viele natürliche Einflüsse auf unser Klima. Und außerdem verläuft die Kurve der CO2-Emmissionen des Menschen nicht genau parallel zur Erderwärmung. Wie kann das sein?


2. Beitrag:

Wie funktioniert das mit dem CO2 und der Erderwärmung eigentlich?

Um die Atmosphärenphysik zu verstehen, muss man bestimmt Physik studiert haben…
Dem ist nicht so. Hier die Erklärung von Karsten Schwanke auch für Nichtphysiker:


Wer dann immer noch zu hören bekommt, dass der Treibhauseffekt des CO2 gar nicht so groß sein kann, wenn es doch nur 400 ppm – sprich 400 Moleküle pro 1 Millionen in der Atmosphäre sind, der kann gerne auf den Klimaforscher Stefan Rahmstorf verweisen [3]. Er sagt: „In jedem Liter eingeatmeter Luft stecken 3.432.000.000.000.000.000 CO2-Moleküle fossiler Brennstoffe. Gesundheitsschädlich ist das zwar nicht – aber man muss es wissen, um den Klimawandel zu verstehen.“ Also 3,4 Trillionen Moleküle fossiles CO2 in einem Liter Luft!


Quellen:

[1] ARD-Mediathek – Wetter vor acht. Das Erste: Hintergrund: Fakten zur globalen Erwärmung – 17.10.2019
https://www.ardmediathek.de/video/wetter-vor-acht/fakten-zur-globalen-erwaermung/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2RhcyB3ZXR0ZXIgaW0gZXJzdGVuL2EzZGNlMzRlLTE4YTgtNDFlOC1hNWI2LTk4Y2RkZjAyZTNlNg

[2] ARD-Mediathek – Wetter vor acht. Das Erste: Eine der wichtigsten Fragen zum Klimawandel lautet: Wie funktioniert der Treibhauseffekt? Karsten Schwanke erklärt die Wirkung des CO2-Moleküls und die Ursachen für den „zusätzlichen Treibhauseffekt“ – 16.12.2019
https://www.ardmediathek.de/video/wetter-vor-acht/wie-funktioniert-der-treibhauseffekt/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2RhcyB3ZXR0ZXIgaW0gZXJzdGVuLzQ2Njg3ZjA3LTk5MTYtNGQ1OS1hMDAwLWZlZmI4MWNiMjdhMQ

[3] Der Spiegel: Crashkurs in Strahlungsbilanz und Treibhausgas-Heizung „Woher die gewaltige Energie des Klimawandels stammt“ von Stefan Rahmstorf – 25.01.2020
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klimawandel-woher-die-gewaltige-energie-der-erderhitzung-stammt-a-692ebf01-faf1-4ffe-828a-16493d24715b

Tempolimit: Weltweiter Effekt durch „Downsizing“

Eine der schnellsten und billigsten Maßnahmen zum Klimaschutz in Deutschland ist ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Seit Jahren stößt diese Idee im Autoland Deutschland auf heftigen Widerspruch. Ein Lieblingsargument der Gegner ist die angeblich geringe Auswirkung auf die CO2-Emissionen.

Experten beziffern die jährlichen CO2-Einsparungen in Deutschland für ein Tempolimit 120 km/h auf 2-3,5 Millionen Tonnen CO2 und für ein Tempolimit 130 km/h auf 1-2 Millionen Tonnen CO2 [2],[3],[4]. Wenn man bedenkt, dass ein einziges deutsches Kohlekraftwerk zwischen 5 und 30 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ausstößt, klingt es tatsächlich nach recht wenig. Übrigens blasen alle deutschen Kohlekraftwerke zusammen rund 300 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr in die Luft.

Im Fokus der politischen und öffentlichen Debatte zum Tempolimit stehen neben dem Klimaeffekt die Unfallstatistik, der Verkehrsfluss, stressfreies Fahren und nicht zuletzt die Einführung des autonomen Fahrens. Auch dies sollte natürlich alles berücksichtigt werden. 

Aber: Es gibt einen indirekten Effekt eines deutschen Tempolimits, der komischer Weise in der Öffentlichkeit gar keine Aufmerksamkeit bekommt und über den selbst in Google recht wenig zu finden ist:  „Der Downsizing-Effekt“.

Alle großen weltweiten Automobilhersteller müssen ihre gesamte Modellpalette „Bundesautobahn-tauglich“ bauen. Kein großer Fahrzeughersteller kann es sich leisten, auf der deutschen Autobahn zu versagen. Ob wir wollen oder nicht, setzt Deutschland hier die internationalen Standards. Jeder Honda Civic, jeder Ford Focus, jeder VW Golf wird für diese hohen Geschwindigkeiten ausgelegt. Das Fahrwerk, das Getriebe, die Motorisierung, die Bremsscheiben, breite statt schmaler effizienter Reifen, die Geräuschdämmung etc. sind für Geschwindigkeiten um die 200 km/h ausgelegt. Auch wenn diese Autos größtenteils in Länder mit Tempolimit exportiert werden, schleppen alle diesen „schwergewichtigen“ ökologischen Rucksack mit sich rum.

Ein höheres Gewicht erfordert nämlich wiederum eine größere Motorisierung und so weiter und so fort… Ganze Modellplattformen könnten viel effizienter, vor allem leichtgewichtiger konstruiert werden, wenn der weltweite Einsatzbereich unterhalb von 120-130 km/h bliebe. Dieses Downsizing der weltweit produzierten Fahrzeuge würde nach Berechnungen des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie [1] die CO2 Emissionen weltweit um 20-30 Prozent senken. Dies entspricht einer jährlichen Einsparung von bis zu 400 Millionen Tonnen CO2.

Damit liegt die CO2 Einsparung, die ein deutsches Tempolimit mittel- bis langfristig bewirken würde, nicht bei den jährlichen 1-3 Millionen Tonnen, sondern bei jährlich 400 Millionen Tonnen – also dem 1,3-fachen der Emissionen aller Kohlekraftwerke Deutschlands. Also entspricht es mehr als dem kompletten Kohleausstieg Deutschlands. Wow!

All das Gesagte trifft natürlich genauso auf Elektroautos zu. Warum gibt es einen Tesla Model 3, als ein Auto der Kompaktklasse, mit einer Höchstgeschwindigkeit je nach Variante von 225 km/h bis 261 km/h? Solange der weltweite Strombedarf noch zu großen Teilen aus fossilen Kraftwerken kommt, würde auch dort das Downsizing die CO2-Emissionen merklich mindern.


Quellen:

[1] Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie – Karl Otto Schallaböck et al.  „Klimaschutz und PKW-Verkehr“ – April 2007
https://wupperinst.org/uploads/tx_wupperinst/Klimaschutz_PKW-Verkehr.pdf

[2] Agora Verkehrswende: „Klimaschutz im Verkehr: Maßnahmen zur Erreichung des Sektorziels 2030“ S.27-S.29 – August 2018
https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/Klimaschutzszenarien/Agora_Verkehswende_Klimaschutz_im_Verkehr_Massnahmen_zur_Erreichung_des_Sektorziels_2030.pdf

[3] Umweltbundesamt (UBA): „Tempolimit“ – 27.06.2012
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrsplanung/tempolimit

[4] Umweltbundesamt (UBA): „Umweltauswirkungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen“ – 1999
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3136.pdf