Arbeiten Familienkasse und BZSt zusammen, wird Mitte 2023 das Klimageld ausgezahlt.
Direkter Auszahlungsweg an alle Bürger:innen: Es wird dringend ein direkter Auszahlungsweg an alle Bürger:innen benötigt, um in Zeiten hoher Energiepreise sowohl gezielt Entlastungen zu schaffen, als auch mit einem Klimageld CO2-Preise sozial auszugleichen. [1]
Familienkasse übernimmt Datenerfassung und Massengeschäft: Die Familienkasse BA stellt ihre verwaltungstechnischen Verfahren für das Massengeschäft zur Verfügung. Dies beinhaltet sowohl die Dateneingabe über Webportale, Callcenter und den Vor-Ort-Service in allen BA-Dienststellen (rund 600 Lokationen), als auch die Datenausgabe über das vorhandene SAP-Auszahlungsverfahren und für den Schriftverkehr, die Druckstraße der BA. Die Familienkasse ist schon heute in der Lage mehrere Millionen Überweisungen pro Tag auszuführen.
So sieht die Lösung aus, um allen Bürger:innen schnellstmöglich Direktzahlungen auf ein Konto oder bar auszuzahlen (Details):

BZSt macht zentrale Datenhaltung Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übernimmt die zentrale Datenhaltung aller für die Auszahlung des Klimageldes relevanten Informationen. Hierfür ist die vorhandene Steuer-ID Datenbank (IdNr-DB) um den Auszahlungsmodus (bar/unbar) und die Kontodaten (IBAN/BIC) zu erweitern. Alle benötigten Schnittstellen zu externen Systemen werden eingebaut (Familienkasse, Rentenkasse etc.). Das BZSt löst die regelmäßigen Klimageldzahlungen aus und überträgt den Auszahlungsauftrag samt benötigter Daten an die Programmierschnittstelle der Familienkasse BA. Der finale Auszahlungsstatus wird dem BZSt zurückgemeldet.
Familienkasse und BZSt arbeiten zusammen In dieser Zusammenarbeit zwischen BZSt und Familienkasse BA können schnell und kostengünstig alle unabdingbaren Anwendungsfälle der Klimageldzahlungen abgedeckt werden. U. a. Barauszahlungen, Auslandskonten, Zuordnung des Klimageldes der Kinder an ein Elternteil, Vermeidung von Klimageld-Missbrauch, Archivierung aller Finanztransaktionen. Die Familienkasse BA übernimmt den verwaltungstechnischen Vorgang inklusive Auszahlung, Schriftverkehr und Speicherung aller Klimageld-Transaktionen in der elektronischen Akte. Weitere verwaltungstechnische Aufgaben, wie die Erfassung von fehlenden Kontodaten, Änderungsmanagement, Organisation von Barauszahlungen und Beratungen vor Ort oder über Callcenter, übernehmen vorhandene Systeme in der Organisation der Familienkasse BA. Diese müssen ggf. erweitert oder performanter ausgelegt werden. Hierfür benötigt die BA bzw. die Familienkasse BA einen Auftrag, um eine detaillierte Aufwands- und Kostenschätzung abzugeben.
Entscheidung der Bundesregierung ist erforderlich Für die Umsetzung muss jetzt eine Entscheidung der Bundesregierung gefällt werden. Es bedarf eines Gesetzes sowie einer Verwaltungsvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit.
Hier die Aufgabenteilung zwischen Familienkasse BA und BZSt im Detail:

Der Prozess stellt das Einsammeln der Zahlungsinformationen aller 83 Millionen Bürger:innen und die Direktzahlung dar:

Sonderbeauftragten für Direktzahlungskanal Um den Bürger:innen zu zeigen, wie wichtig dieser soziale Kompensationsmechanismus ist, schlägt #Brigitte Knopf vom MCC vor, hierfür einen Sonderbeauftragten zu benennen, der die Zusammenarbeit der Ministerien und Ämter koordiniert. [3]
(Details: Kapitel 3.4 2022_MCC_Gaspreise_und_Entlastungsmaßnahmen [2])
Aber: BMF verzögert die Einführung
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) verfolgt eine langwierige Lösung ohne Synergien mit der Familienkasse BA zu nutzen:

Bundesregierung: Pressekonferenz Kabinettsklausur 31. August 2022
Christian Linder und die Expert:innen des BMF liefern selbst das stärkste Argument, die Synergien der Familienkasse BA zu nutzen. Aktuell können die IT-Systeme des BZSt nur 100.000 Überweisungen pro Tag tätigen. Die Familienkasse BA dagegen führt über ihr SAP-Auszahlungsverfahren mehr als 17 Millionen Überweisungen pro Monat aus – an nur 10 Tagen im Monat. Also 1,7 Millionen am Tag. Dies ist nur eine organisatorische Aufteilung, denn technisch könnten alle Kindergeld-Überweisungen an einem Tag erfolgen. Mit geringfügigen technischen Verbesserungen könnte das vorhandene SAP-System auch die 65 Millionen Überweisungen pro Tag schaffen, die für zeitgleiche Direktzahlungen an alle Bürger:innen nötig wären.

Analyse zum Referentenentwurf des BMF zum Jahressteuergesetz 2022
Positiv Erweiterung der IdNr-Datenbank des BZSt Für die Speicherung der Kontoverbindungen aller in Deutschland gemeldeten Personen in der IdNr-Datenbank des BZSt wird die Rechtsgrundlage geschaffen. Negativ Zeit- und Finanzierungsplanung der Umsetzung im BZSt geht bis in das Jahr 2024 Allein für die Erweiterung der IdNr-Datenbank um Kontoinformationen werden 2,5 Jahre und Kosten in Höhe von 26 Mio. € veranschlagt. Erst danach könnte mit der Erfassung aller Empfänger:innen begonnen werden. Die Auszahlung kann erst danach erfolgen (also: 2024/2025). Mögliche Synergien mit der Familienkasse werden nicht betrachtet. Vielleicht plant das BMF ein eigenes Massengeschäft völlig neu zu entwickeln. Das würde die hohen Kosten erklären. Inländische und ggf. ausländische Bankinstitute sollen Datenerfassung von Klimageldberechtigten übernehmen In Deutschland gibt es ca. 1.700 inländische Banken und Sparkassen. Umsetzungsdauer und Kosten sind völlig unklar. Um Missbrauch über gestohlene Steuer-IDs zu verhindern, wäre eine Datenerfassung über die Banken nicht nötig. Die Validierung neuer Daten könnte jederzeit automatisiert erfolgen. Ein konkreter Weg für die technische Auszahlung des Klimageldes wird nicht definiert Falls man einen Weg über die Finanzkassen der Länder erwägt, sind dies ca. 600 Finanzkassen. Abstimmung mit Länderregierungen wären zusätzlich erforderlich. Barzahlungen des Klimageldes sind nicht vorgesehen Barzahlungen für Bürger:innen ohne eigenes Konto könnten Banken nicht organisieren. Vor-Ort-Service, Callcenter, Änderungsmanagement ist völlig unklar |
Zeit- und Finanzierungsplanung für die Umsetzung aus Sicht des BMF:

Siehe Seite -62- Bundesfinanzministerium:2022-09-14-JStG-2022/2-Referentenentwurf [5]
Die vom BMF angestrebte Lösung würde wie folgt aussehen. Banken übernehmen die Datenerfassung und z. B. Finanzkassen der Länder die Auszahlung:

Im Vergleich der Konzepte mit und ohne Synergien der Familienkasse BA ergeben sich große Unterschiede für den Zeitplan der Einführung:

Klimabonus in Österreich Der österreichische Nationalrat hat im Januar 2022 die ökosoziale Steuerreform samt Klimabonus beschlossen. Keine acht Monate später haben im September 2022 die Auszahlungen des Klimabonus begonnen. Das BMF veranschlagt für die Umsetzung in Deutschland mindestens 18 Monate und große Teile der Lösung sind noch nicht mal konkretisiert. Aus der Sicht von IT-Experten:innen lassen sich diese Kosten- und Zeitaufwände nur schwer nachvollziehen. Alles spricht dafür besser die langjährig etablierte Infrastruktur der Familienkasse BA für eine schnelle und kostengünstige Umsetzung zu nutzen.[3][4] Es zeichnet sich bereits ab, dass aktuelle Zahlungswege für die Energiepreispauschale Doppelauszahlungen nicht vermeiden können. Sie noch nicht mal bemerken werden. Der Ruf nach einem zuverlässigen und robusten Direktauszahlungsverfahren wird immer lauter werden und muss zeitnah, spätestens 2023 eingeführt werden. Worauf warten wir?
Expertenmeinungen zur Familienkasse als Direktauszahlungskanal



Zusammenfassung als PDF:
Quellen:
[1] Maximilian Kellner, Christina Roolfs, Karolina Rütten, Tobias Bergmann, Julian Hirsch, Luke Haywood, Boris Konopka, Matthias Kalkuhl (2022): „Entlastung der Haushalte von der CO2-Bepreisung: Klimageld vs. Absenkung der EEG-Umlage.“ Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.
https://ariadneprojekt.de/news/wie-ein-klimageld-einfach-und-spuerbar-bei-den-menschen-ankommen-kann/
[2] Matthias Kalkuhl, Maximilian Amberg, Tobias Bergmann, Brigitte Knopf, Ottmar Edenhofer (2022): „Gaspreisdeckel, Mehrwertsteuersenkung, Energiepauschale – Wie kann die Bevölkerung zielgenau und schnell entlastet werden?“ MCC-Arbeitspapier
https://ariadneprojekt.de/news/wie-ein-klimageld-einfach-und-spuerbar-bei-den-menschen-ankommen-kann/
[3] Brigitte Knopf (2022, 1. Sept), #Klimageld -die unendliche Geschichte. Gestern hat #Lindner behauptet, dass die öff. Verwaltung nur 100.000 Überweisungen am Tag vornehmen könne…[Tweet]
https://twitter.com/BrigitteKnopf/status/1565192556031401990?s=20&t=WC9CEnvphTMfANURNlwiUg
[4] Luke Haywood (2022, 31. August), Warten auf das Klimageld: Geschichte einer Verzögerung mit sozialpolitischen, klimapolitischen und parteipolitischen Konsequenzen...[Tweet]
https://twitter.com/lukehwd/status/1565012629864726531?s=20&t=JoiLjWe3e38jP-HCnVTVqg
[5] Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2022-09-14-JStG-2022/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[6] Familienkasse der BA: Ausgezeichnet für Qualität mit 3 Sternen nach EFQM 2022
https://www.arbeitsagentur.de/datei/efqm-auszeichnung-der-familienkasse-der-ba-_ba147464.pdf
Kontakt: boris.konopka@klimablog.org
Twitter: https://twitter.com/Boriskonopka
Es ist ein handfester Skandal, dass der Finanzminister mit einer solchen Verzögerungstaktik durch kommt, ohne dass es einen Aufschrei gibt. Er stellt sich belustigend vor die Presse und erklärt, Deutschland könne nur 100.000 Überweisungen pro Tag. Merkt er nicht, welchen Schaden er damit anrichtet?
Hoffentlich setzt sich diese Alternativmöglichkeit, die hier beschrieben ist, doch durch. Das Klimageld ist wichtiger denn je.
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